Entschädigung trotz Todes: EuGH entscheidet, dass der Tod eines Copiloten kein außergewöhnlicher Umstand ist

Flightright hat heute vor dem Europäischen Gerichtshof ein Urteil (Az. C-156/22) zu außergewöhnlichen Umständen im Flugverkehr erzielt, das die Rechte von Flugreisenden ein weiteres Mal stärkt. Das Gericht entschied, dass der plötzliche Tod eines Crewmitgliedes wie Pilot oder Copilot keinen außergewöhnlichen Umstand darstellt. Das Luftfahrtunternehmen ist daher verpflichtet, im Falle von daraus folgenden Flugausfällen oder Flugverspätungen Ausgleichsleistungen an Passagier:innen zu zahlen. Claudia Brosche, Fluggastrechtsexpertin bei Flightright, erklärt die Auswirkungen des Urteils. 

Wir begrüßen das Urteil des Europäischen Gerichtshofs, da der Umstand eines plötzlichen Todes eines Crewmitgliedes in die Verantwortlichkeit der Fluggesellschaft fällt. Deshalb müssen Flugreisende für Verspätungen und Ausfälle in diesem Zusammenhang entschädigt werden. Auch wenn es tragisch ist und sicherlich eine Belastung für die Crew darstellt, der plötzliche Tod eines Crewmitglieds ist ebenso wie die plötzliche Erkrankung von Mitarbeitenden das Risiko der Arbeitgeber:innen. Die Rechte der Flugreisenden konnten so durch uns ein weiteres Mal vor dem höchsten europäischen Gericht gestärkt werden”, so Brosche. 

Tod eines Crewmitgliedes kein außergewöhnlicher Umstand


In dem verhandelten Fall ging es um die Annullierung eines Flugs aus dem Jahr 2019 von Stuttgart nach Lissabon. Die Beklagte berief sich auf außergewöhnliche Umstände gemäß der EU-Fluggastrechteverordnung. Der Copilot, der den streitgegenständlichen Flug hätte durchführen sollen, wurde am frühen Morgen des Abflugtages tot in seinem Hotelzimmer gefunden. Infolgedessen erklärte sich die gesamte Crew für den am Morgen anstehenden Flug für fluguntauglich. Ersatzpersonal war aufgrund der Spontanität des Ereignisses nicht verfügbar. Eine Ersatzcrew wurde mit dem ersten Flug des Tages um 11:25 Uhr von Lissabon nach Stuttgart geflogen und kam dort um 15:20 Uhr an. Die Passagier:innen wurden dann mit deutlicher Verspätung mit einem Ersatzflug nach Lissabon befördert und kamen mit circa 11 Stunden später an ihrem Ziel an. „Zu Recht hat der EuGH darauf hingewiesen, dass Maßnahmen, die die Planung der Mitarbeiter:innen der Fluggesellschaften betreffen, wie die Planung ihrer Einsätze und Arbeitszeiten, Teil der normalen Ausübung der Tätigkeit des Unternehmens sind. Auch eine unerwartete Abwesenheit einer oder mehrerer Mitarbeiter:innen fällt hierunter. Es ist tragisch, dass so ein drastischer Grund die Ursache der Abwesenheit der gesamten Crew war, aber der EuGH stellt klar heraus, dass es lediglich auf die Abwesenheit als solche und nicht auf die dahinter liegenden medizinischen Gründe ankommt“, sagt Brosche abschließend.

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