Berlin, 6. Oktober – Heute hat der Europäische Gerichtshof entschieden, dass Flugreisende, die mehrere Teilflüge in einer Buchung kombiniert haben, bei großer Verspätung auch einen Anspruch auf eine Entschädigung nach EU-Fluggastrechteverordnung haben (Az. C-436/21). Flightright kämpfte bis zum BGH, erwirkte das neue EuGH-Urteil und setzt so erneut erfolgreich die Rechte von Verbraucher:innen vor der höchsten europäischen Instanz durch. Das Urteil räumt die Unsicherheit vieler Betroffener aus dem Weg und stärkt so die Rechte der Verbraucher:innen nachhaltig.
„Vor dieser wegweisenden Entscheidung war Betroffenen bei Buchungen mit mehreren Airlines häufig nicht klar, ob sie für ihre durch lange Wartezeiten am Flughafen verursachten Strapazen wenigstens eine Entschädigung bekommen würden. Oftmals sind dadurch nämlich auch weitere Reisebuchungen, wie die von Mietwagen oder Hotels, betroffen. Es könnten auch Personen am Zielflughafen warten, die womöglich auf einem Langstreckenflug gar nicht erreichbar waren. Der EuGH macht nun Schluss mit der Unsicherheit bei kombinierten Flügen in einer einheitlichen Buchung und stärkt die Rechte von betroffenen Flugreisenden. Wenn Flugreisenden eine einzige Buchungsbestätigung mit einem Gesamtpreis und einheitlicher Buchungsnummer ausgestellt wird, dürfen Verbraucher:innen davon ausgehen, dass sie einen Entschädigungsanspruch gegenüber der ausführenden Fluggesellschaft haben. Die Fluggesellschaften können sich jetzt nicht mehr herausreden, sondern sind zur Zahlung verpflichtet, auch wenn ein Reisebüro eine bestätigte Gesamtbuchung für mehrere Teilflüge erstellt“, sagt Claudia Brosche, Fluggastrechtsexpertin bei Flightright.
Wichtig für Verbraucher:innen: Die Entschädigungsansprüche bei solchen, unter einer Buchung kombinierten, Flügen können auch drei Jahre rückwirkend zum Jahresende geltend gemacht werden.
Der Fall
In diesem konkreten Fall buchte eine Flugreisende ihre Reise über ein Reisebüro – sie wollte von Stuttgart nach Kansas City fliegen. Das Reisebüro buchte der Frau mehrere Teilflüge und stellte eine einheitliche Buchungsnummer für die gesamte Strecke aus. Sie flog von Stuttgart nach Zürich mit Swiss International Air Lines, von dort weiter nach Philadelphia und erreichte die Flugreisende schlussendlich Kansas City. Die beiden letzten Teilflüge führte American Airlines durch. Da der Flug von Philadelphia nach Kansas verspätet startete, erreichte die Passagierin ihr Ziel mit einer Verspätung von 4 Stunden und 22 Minuten. Aufgrund der Entfernung verlangte die Frau 600 EUR Entschädigung von American Airlines, die die Zahlung jedoch verweigerten. Da sich American Airlines weigerte, die Zahlung vorzunehmen, beauftragte die Frau Flightright mit der Durchsetzung ihrer Ansprüche. Sowohl die erste als auch die zweite Instanz wiesen den Anspruch der Frau auf Entschädigung ab, weshalb Flightright in die Revision ging. Der BGH legte dem EuGH die Frage vor, ob eine einheitliche Buchung vorliege, wenn das Reisebüro mehrere Anschlussflüge unterschiedlicher Airlines unter einem einheitlichen Preis und einer Nummer zusammenfügt.
Ab einer Verspätung von mehr als drei Stunden am Endziel haben Reisende einen Anspruch auf Entschädigung – bei Langstrecken in Höhe von 600 EUR. Um einen Anspruch erfolgreich gegen die Airline geltend machen zu können, benötigt der Passagier eine bestätigte Buchung. Die Besonderheit des Falles liegt darin, dass das Reisebüro mehrere einzelne Flüge unterschiedlicher Airlines zu einer Buchung zusammenfasste. Auf der Buchungsbestätigung der Frau war nur ein Gesamtpreis ausgewiesen und eine einzige Buchungsnummer, sodass es für die Passagierin als eine einheitliche Buchung zu verstehen war.
Der EuGH hat mit dem von Flightright vor das Gericht gebrachte Urteil vom 6. Oktober 2022 zum Az. C-463/21 entschieden, dass die Buchungsbestätigung des Reisebüros als eine einheitliche Buchung anzusehen ist. Denn auch wenn das Reisebüro mehrere Teilflüge verschiedener Airlines zusammenfasste, lagen direkte Anschlussflüge und somit eine Gesamtstrecke von Stuttgart nach Kansas City vor. Unerheblich war für den EuGH auch, dass weder Swiss noch American in einer rechtlichen Beziehung zueinander standen. Ausschlaggebend war die Buchungsbestätigung des Reisebüros, dass sämtliche Flüge zu einem Gesamtpreis und einer einheitlichen Buchungsnummer auswies. Der EuGH verwies darauf, dass die Fluggastrechteverordnung nicht vorsehe, dass zwischen den Fluggesellschaften eine rechtliche Beziehung bestehen muss. Nur so kann ein hohes Schutzniveau für die Flugreisende erreicht werden.
Erst im vergangenen Jahr hatte der EuGH eine Verbraucher:innen-stärkende Entscheidung zu den bestätigten Buchungen herausgebracht, die unter anderen auch durch Flightright initiiert war (Az. C-146/20, C-188/20, C-196/20 und C-270/20). Gerade bei neuen Gerichtsurteilen verwehren Airlines häufig zunächst die Zahlung. Bei der Durchsetzung helfen dann Verbraucherrechtsportale wie Flightright.