BGH schwächt Fluggastrechte beim Cross Ticketing

Der Bundesgerichtshof hat diese Woche entschieden (Az. X ZR 25/22), dass es Fluggesellschaften zusteht, den Passagier:innen die Beförderung zu verweigern, wenn diese bei einer Buchung von Hin- und Rückflug nur den Rückflug in Anspruch nehmen wollen (Cross Ticketing). In diesem Fall der Nichtbeförderung durch die Fluggesellschaft stehen Passagier:innen keine Entschädigungszahlungen zu. Das Urteil des BGH führt zu Unsicherheiten von vielen Betroffenen und schwächt so die Rechte der Verbraucher:innen nachhaltig.

„Dieser Fall zeigt einmal mehr, mit welcher Dreistigkeit die Fluggesellschaften teils versuchen, die Rechte der Passagier:innen zu umgehen. Eine Nichtbeförderung durch die Airline ist nur unter ganz bestimmten Umständen zulässig. Eine Erweiterung dieser Ausnahmen durch die Airline wird Flugreisende schutzlos ausliefern. Der Bundesgerichtshof hat das leider nicht erkannt und so die Fluggastrechte geschwächt. Passagier:innen sind so deutlich unflexibler“, sagt Claudia Brosche, Flugastrechtsexpertin bei Flightright. 

In dem entschiedenen Fall ging es darum, dass Lufthansa einen Passagier von Antalya nach München befördern sollte. Gebucht hatte der Fluggast einen Hin- und Rückflug im Rahmen einer Pauschalreise. Den Hinflug von München nach Antalya trat der Flugreisende nicht an, da er bereits zu einem früheren Zeitpunkt mit Lufthansa nach Antalya geflogen war. Da der Passagier den ersten Flug nicht angetreten hatte, stornierte Lufthansa seinen Rückflug mit Verweis auf ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Davon setzte sie den Passagier jedoch erst bei dem Versuch, sich am Flughafen einzuchecken, in Kenntnis. Die Airline verweigerte die Beförderung am Check-in-Schalter und verlangte einen Aufpreis für den nicht angetretenen Flug. Der Passagier konnte erst gegen erneute Zahlung einchecken. Gegen seinen Willen wurde dem Passagier somit der Zutritt zum Flugzeug verweigert. Auch eine Ersatzbeförderung im Sinne der Fluggastrechteverordnung erfolgte nach Ansicht von Flightright nicht.

Nichtbeförderung sollte nur in Ausnahmefällen zulässig sein

Ob ein Anspruch auf Ausgleichsleistung besteht, richtet sich danach, ob die Airline dem Passagier den Zutritt zulässigerweise verweigern darf. Eine Nichtbeförderung liegt insbesondere dann vor, wenn die Airline die ursprünglich einmal getätigte Zusage, Passagier:innen auf einer bestimmten Strecke zu befördern, nachträglich kündigt und den Passagier:innen die Beförderung verweigert. Die Fluggastrechteverordnung regelt in einem engen Rahmen Ausnahmen, in denen eine Beförderungsverweigerung aufgrund vertretbarer Gründe zulässig sein kann, wie gesundheitliche Risiken, Sicherheitsrisiken und fehlende Reisedokumente. 

Lufthansa vertrat vor Gericht die Auffassung, dass eine Beförderungsverweigerung zudem voraussetzt, dass Passagier:innen nicht mit dem streitgegenständlichen Flug befördert wurden. Denn letzten Endes nahm der Passagier genau den geplanten Flug, musste hierfür aber trotz bestehenden Tickets nochmal draufzahlen. Dem trat Flightright vor Gericht entgegen. Um eine Ausgleichszahlung zu erhalten, reicht es vielmehr bereits aus, wenn die Airline Passagier:innen die Beförderung verweigert, obwohl diese über eine bestätigte Buchung verfügen und sich pünktlich zur Abfertigung eingefunden haben. „In diesem Fall wurde dem Passagier trotz seiner bestätigten Buchung die Beförderung unstreitig verweigert. Dass der Flugreisende sich anschließend dazu entschloss, erneut ein Ticket für den streitgegenständlichen Flug zu erwerben und keinen anderen Flug buchte, hätte ihm nach unserer Auffassung nicht zur Last gelegt werden dürfen. Der BGH hat das zum Leid der Flugreisenden leider anders gesehen und entschieden“, so Brosche abschließend.

Rechte bei aufkommenden Flugproblemen:

Nach EU-Recht stehen Passagier:innen Entschädigungen zwischen 250 und 600 Euro zu, wenn sie mehr als drei Stunden später an ihr Ziel kommen oder ihr Flug weniger als 14 Tage vor Abflug gestrichen wurde oder sie unzulässigerweise nicht befördert werden. Diese Ansprüche können unabhängig vom Ticketpreis rückwirkend drei Jahre geltend gemacht werden. Das gilt also auch für 1-Euro-Flüge. Durch die Geltendmachung der Ansprüche entstehen keinerlei Nachteile. Flightright setzt diese Ansprüche für betroffene Flugreisende kompetent und erfolgreich bei den Airlines durch – alleine haben Verbraucher:innen dabei oftmals sehr geringe Chancen.

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