EuGH-Urteil: Bei Nichtbeförderung kein sinnloses Anreisen zum Flughafen nötig

Der Europäische Gerichtshof (C-238/22) hat heute entschieden, dass Flugreisende auch dann einen Anspruch auf Entschädigung wegen einer Nichtbeförderung haben, wenn sie nicht am Flughafen eingecheckt haben, da ihnen bereits vorab bewusst war, dass die Fluggesellschaft sie nicht befördern wird. Auch eine vorherige Information mehr als 14 Tage im Voraus kann die Fluggesellschaft nicht von der Zahlungspflicht befreien. Claudia Brosche, Fluggastrechtsexpertin bei Flightright, schätzt das Urteil für die Flugreisenden ein.

„Dass Flugreisende nicht am Check-in-Schalter am Flughafen persönlich erscheinen müssen, wenn die Fluggesellschaft bereits zuvor eindeutig zum Ausdruck gebracht hat, ihnen die Beförderung auf dem gebuchten Flug zu verweigern, ergibt sich bereits aus dem Sinn und Zweck des Ausgleichsanspruchs wegen Nichtbeförderung der Fluggastrechteverordnung. Das Erscheinen der Flugreisenden zur Abfertigung ist unter diesen Umständen nicht nur sinnlos, sondern auch mit einem erheblichen Anreiseaufwand für die betroffenen Flugreisenden verbunden. Der EuGH hat das erkannt und die Voraussetzung als bloße Förmelei als nicht notwendig angesehen. Auch eine rechtzeitige Information an Flugreisende kann diesen Zahlungsanspruch wegen Nichtbeförderung nicht beseitigen, denn letztlich gilt dies nach der Fluggastrechteverordnung nur bei annullierten oder verspäteten Flügen, nicht jedoch bei einer Nichtbeförderung. Deshalb begrüßen wir die Entscheidung des EuGH“, so Brosche. 

„Dass der Fall dem Europäischen Gerichtshof überhaupt vorgelegt wurde, ist überraschend, da der Bundesgerichtshof bereits über einen ähnlich gelagerten Fall 2015 entschieden hatte“, sagt Brosche abschließend.  Zwar hat der EuGH die Hoheit, über die Auslegung der Fluggastrechteverordnung zu entscheiden, doch ein Urteil deutschen Gerichts sollte für die unteren Instanzen bereits wegweisend sein. Mit seinem Urteil vom 17.3.2015 – X ZR 34/14 entschied der BGH bereits, dass eine kurzfristige Umbuchung auf einen anderen Flug eine antizipierte Beförderungsverweigerung darstellen kann und Flugreisende dann nicht auch noch am Flughafen erscheinen müssen, um ihre Ansprüche auf Entschädigung zu erhalten. 

Auslösender Fall war sitzengelassene Passagierin

In dem entschiedenen Fall ging es darum, dass eine Flugreisende für einen Flug von Frankfurt am Main nach Madrid, den sie für den folgenden Tag gebucht hatte, online einchecken wollte. Da dies nicht gelang, wandte sie sich an die zuständige Fluggesellschaft, LATAM Airlines. Diese teilte ihr mit, dass sie ohne entsprechende Ankündigung auf einen am Vortag durchgeführten Flug umgebucht worden sei. Außerdem sei ihre Buchung für den Rückflug, der mehr als zwei Wochen später durchgeführt werden sollte, mit der Begründung blockiert worden, dass sie den Hinflug nicht angetreten habe. Die Flugreisende hatte von LATAM Airlines wegen der Nichtbeförderung auf dem Rückflug eine Ausgleichszahlung verlangt. Das von der Flugreisenden angerufene deutsche Gericht wollte deshalb vom Europäischen Gerichtshof wissen, ob eine solche Ausgleichszahlung nach der Fluggastrechteverordnung voraussetzt, dass Flugreisende beim Check-in anwesend sein müssen, obwohl die Fluggesellschaft ihnen im Voraus mitgeteilt hatte, dass ihnen die Beförderung nicht gestattet würde. 

Über Flightright

Flightright ist das marktführende Verbraucherportal für die Durchsetzung von Fluggastrechten. Wir treten für die Rechte von Passagieren und Passagierinnen im Fall einer Flugverspätung, Annullierung oder Nichtbeförderung ein und berufen uns dabei auf die Fluggastrechte-Verordnung 261/2004 der Europäischen Union. Insgesamt haben wir schon mehr als 430 Millionen Euro Entschädigung für unsere Kundinnen und Kunden durchgesetzt. Unser Angebot wird in der Digitalwirtschaft auch als „Legal Tech“ beziehungsweise „Justice as a Service“ bezeichnet. In unserem Datenzentrum erhalten Interessierte zudem jederzeit Einblick in die aktuellsten Daten zu Flugverspätungen und -stornierungen. Flightright ist Teil der Allright Group, zu welcher auch das auf Verkehrsrecht spezialisierte Verbraucherportal freem sowie die Chevalier GmbH gehören, die enger Kooperationspartner der technologiegestützten Chevalier Rechtsanwälte für Arbeitsrecht ist.

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