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Turbulente Zeiten: Was der Stellenabbau bei den Airlines für Passagiere bedeutet

Turbulente Zeiten: Was der Stellenabbau bei den Airlines für Passagiere bedeutet

Berlin, 21. Juli 2020 – Zuerst brachte die Coronakrise die Luftfahrt zum Erliegen, jetzt fahren viele Airlines ihre Personalstärke herunter. EasyJet und Ryanair etwa kündigten bereits den Abbau zahlreicher Stellen an. Auch bei der Lufthansa wird der Rotstift angesetzt. Die Sparmaßnahmen betreffen nicht nur die Belegschaft, sondern werden auch Auswirkungen auf den Flugverkehr haben. Für die Sommermonate sind nicht zuletzt aufgrund der eher geringen Reisebereitschaft kurzfristige Umbuchungen und Flugausfälle zu erwarten. Was das für Passagiere bedeutet und ob ein chaotischer Flug-Sommer bevorsteht, erklären die Experten von Flightright und Arbeitsrechtspezialisten der Tochtergesellschaft Chevalier.

Fluggesellschaften planen Abbau von rund 15.000 Arbeitsplätzen in Deutschland
Die Nachwehen der Coronakrise werden wohl auch in der Luftfahrtbranche noch längere Zeit zu spüren sein. So ist zu erwarten, dass die Nachfrage nach Flügen erst in etwa drei Jahren wieder den Stand von 2019 erreichen wird. Aufgrund der damit verbundenen finanziellen Ausnahmesituation kündigen zahlreiche Airlines Stellenstreichungen an. Allein in Deutschland sollen rund 15.000 Arbeitsplätze gestrichen werden, davon 11.000 bei der Lufthansa. Die Tochtergesellschaften Germanwings und SunExpress Deutschland werden ihren Betrieb komplett einstellen. Bei EasyJet werden am Standort Berlin mehr als 700 Stellen wegfallen, international sollen sogar 4.500 Stellen abgebaut werden. Andere Fluggesellschaften versuchen Stellenstreichungen durch verlängerte Kurzarbeit zu verhindern. Ryanair will bei Mitarbeitern einen freiwilligen Gehaltsverzicht durchbringen. Aus Sicht der Angestellten dürfte die Situation damit jedoch weiterhin mit Unsicherheiten behaftet sein, denn noch ist unklar, ob die Maßnahmen ausreichen, um Stellen zu sichern.

Noch immer kein normaler Reisesommer
Ungewissheiten gibt es auch seitens der Passagiere weiterhin. In den meisten Reiseländern ist die Lage weiter dynamisch, Planungssicherheit für einen entspannten Urlaub gibt es nicht, wie das Beispiel Mallorca zeigt. Viele Urlauber sind aktuell bereits von Flugstreichungen und Umbuchungen betroffen, weil Flüge wegen zu geringer Nachfrage nicht ausgeführt werden. “Wir rechnen weiter damit, dass viele Passagiere Reisen stornieren, andere werden erst gar keinen Flug buchen. Airlines werden dadurch wahrscheinlich auch in den kommenden Wochen viele Flüge streichen und Passagiere umbuchen”, meint Oskar de Felice, Rechtsexperte von Flightright. Aber: Streichen Airlines Flüge aufgrund zu geringer Nachfrage und buchen Passagiere einfach um, können sie eine Entschädigung verlangen. Das gilt dann, wenn sie weniger als 14 Tage vor dem Abflug über den Ausfall informiert werden oder sich der Abflugtag ändert.

Auch Passagiere könnten Folgen des Stellenabbaus zu spüren bekommen
Sollte sich das Nachfrageverhalten und damit das Flugaufkommen mittelfristig schneller als geplant wieder dem Vor-Krisenzeit-Pensum annähern, besteht das Risiko, dass es zu Crew-Engpässen kommt. Eine zu geringe Personalstärke könnte dann vermehrt Verspätungen und Annullierungen nach sich ziehen. “Wir erwarten, dass sich der Flugbetrieb auch infolge der Stellenkürzungen chaotischer gestalten könnte. Etwas Ähnliches haben wir 2018 erlebt, als es zu einem sprunghaften Anstieg an Annullierungen kam, weil Fluggesellschaften in kurzer Zeit die Air Berlin-Strecken übernommen haben, aber viel zu wenig Personalkapazitäten dafür hatten”, sagt Oskar de Felice. Dass auch Stellen im administrativen Bereich wegfallen sollen, könnte sich zudem auf Kundenservice-Ebene auswirken. “Gibt es viele Flugausfälle und -verspätungen, steigt auch die Zahl der zu bearbeitenden Fälle für Umbuchungen, Erstattungen und Entschädigungen. Bereits jetzt zeigt sich, dass viele Kundenservices mit der Bearbeitung der Stornierungen von beiden Seiten massiv überfordert sind und Rückzahlungen so immer wieder nach hinten geschoben werden mussten. Wenn nun Personal abgebaut wird, erwarten wir hier mittelfristig keine Besserung”, so de Felice weiter.

Keine leichte Zeit für Airline-Mitarbeiter
Auch das Personal steht damit unter erhöhtem Druck. Dazu Arbeitsrechtsexperte Ashkan Saljoughi von der Berliner Kanzlei Chevalier: “Die Mitarbeiter werden gleich um ein Vielfaches belastet. Einerseits sorgen sie sich alle darum, selbst vom Stellenabbau betroffen zu sein. Das Crew- und Bodenpersonal muss zudem höchste Hygienestandards einhalten, um für die Passagiere vorschriftsmäßige Flüge zu gewährleisten. Zuletzt müssen sie alle auch noch den Imageschaden aufgrund nicht gezahlter Erstattungen in den vergangenen Monaten ausbügeln.” Daran schließen sich für viele auch finanzielle Sorgen an. So hat beispielsweise Norwegian Airlines 90% der Mitarbeiter entlassen. Sie sollen zwar auf Abruf wieder eingestellt werden, aber die Ungewissheit, ob alle ihren Arbeitsplatz zurückbekommen, bleibt. “Auch in der Coronakrise müssen Fluggesellschaften ihrer sozialen Verantwortung gerecht werden. Personalabbau ist zwar manchmal unumgänglich, er muss aber sozialverträglich und gerecht ablaufen. Auch die Lufthansa darf die Umstrukturierungsmaßnahmen mit der neuen Ocean GmbH für Ferienflüge nicht dafür nutzen, dass bisherige Tarifverträge ausgehebelt werden”, so Saljoughi weiter.

Weitere Hintergründe zum Stellenabbau erklären die Experten der Kanzlei Chevalier hier.

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