- Fluggäste brauchen mehr Schutz, nicht weniger – eine geplante Revision basierend auf einem Entwurf von 2013 könnte Verbraucherrechte stark einschränken
- Die Entschädigungsbeträge sollten aus Sicht von Flightright auf bis zu 1200 Euro erhöht und alternative Umbuchungen garantiert werden.
- Alle Airlines, auch Nicht-EU-Fluggesellschaften, müssen gleichermaßen zur Entschädigung verpflichtet werden.
Seit über 20 Jahren schützt die Europäische Fluggastrechteverordnung die Rechte von Flugreisenden und hat sich als internationales Erfolgsmodell etabliert. Doch anstatt diese Errungenschaft zu stärken, könnte durch eine geplante Revision im Zuge der polnischen EU-Ratspräsidentschaft eine massive Verschlechterung der Verbraucherrechte drohen. Hintergrund ist ein Entwurf aus dem Jahr 2013, der unter anderem eine Anhebung der entschädigungsberechtigten Verspätungsdauer vorsieht und weitere Fallstricke für Flugreisende enthält. Flightright fordert die EU daher auf, eine Modernisierung der Verordnung vorzunehmen, die den realen Herausforderungen der Luftfahrtbranche gerecht wird und den Schutz der Passagiere verbessert.
„Europas Passagierrechte sind eine Errungenschaft, die nicht zur Disposition stehen darf. Die Europäische Fluggastrechteverordnung ist seit über 20 Jahren ein Erfolgsmodell für Verbraucher und die geplante Revision könnte auf Basis des rückwärtsgerichteten Entwurfs von 2013 eine massive Verschlechterung der Verbraucherrechte bedeuten. Gerade jetzt, da Airlines wieder Rekordgewinne verbuchen, wäre es absurd, diese Rechte abzubauen. Stattdessen braucht es eine Anpassung an die Realität: höhere Entschädigungsbeträge, Schutz für Gepäck und Zusatzleistungen sowie gleiche Regeln für alle Airlines – unabhängig von ihrem Sitz“, sagt Oskar de Felice, Leiter der Rechtsabteilung und Fluggastrechtsexperte bei Flightright.
Mehr Schutz statt weniger Rechte: Flightright fordert höhere Entschädigungen und faire Regeln für alle Passagiere
Fluggäste haben ein Recht auf klare und faire Regelungen, wenn ihr Flug ausfällt, sich erheblich verspätet oder Airlines Zusatzgebühren verlangen. Der aktuelle Entwurf zur Überarbeitung der Verordnung würde Verbraucherrechte jedoch schwächen, anstatt sie an die heutigen Anforderungen anzupassen. Statt Kürzungen braucht es eine Stärkung der Passagierrechte durch:
- Erhöhung der Entschädigungsbeträge auf bis zu 1200 Euro, da sie seit 2004 mehr als 40 % an realem Wert verloren haben.
- Schnelle Umbuchung auf alternative Flüge, auch mit konkurrierenden Airlines, wenn eine Airline den Flug annulliert.
- Gleiche Regeln für alle Airlines, sodass auch Nicht-EU-Fluggesellschaften Passagiere entschädigen müssen.
Zusätzlich braucht es dringend weitere Anpassungen: Auch verspätetes, verlorenes oder beschädigtes Gepäck sollte unter den Schutz der Verordnung fallen.
Aktuelle Verspätungsgrenze muss bestehen bleiben, um die Rechte der Flugreisenden zu wahren
Die 3-Stunden-Grenze für Entschädigungen muss beibehalten werden, um eine einheitliche und faire Regelung zu gewährleisten. Außergewöhnliche Umstände dürfen nicht starr definiert werden, da es immer unvorhersehbare Ereignisse geben wird, die eine flexible Handhabung erfordern. Die aktuelle Fluggastrechteverordnung (EG) Nr. 261/2004 legt fest: Bei einer Verspätung von mehr als drei Stunden erhalten Passagiere eine Entschädigung – bis zu 250 Euro für Flüge unter 1.500 Kilometern, bis zu 400 Euro für Strecken über 1.500 Kilometer innerhalb der EU und bis zu 600 Euro für Flüge über 3.500 Kilometer außerhalb der EU. Voraussetzung ist, dass der Flug innerhalb der EU startet, von einem EU-Flughafen abhebt oder von einer europäischen Airline durchgeführt wird.
Der Vorschlag zur Anpassung der Fluggastrechteverordnung aus dem Jahr 2013, über den demnächst auf EU-Ebene beraten wird, stellt wirtschaftliche Interessen klar über den Verbraucherschutz und sieht vor, Airlines finanziell zu entlasten, indem Entschädigungen erst bei deutlich längeren Verspätungen gezahlt werden – je nach Strecke frühestens nach 5, 9 oder 12 Stunden.
„Eine Anhebung der Verspätungsgrenze wäre ein Affront gegen Verbraucherrechte und aus unserer Sicht nicht hinnehmbar“, sagt Oskar de Felice. Wie stark diese Anpassung die Rechte der Reisenden einschränken würde, zeigen aktuelle Zahlen zu Flugverspätungen in Deutschland: Im Jahr 2024 gab es rund 2.700 potenziell entschädigungsberechtigte Flüge mit mehr als 3 Std. Verspätung – dem gegenüber würden bei Anhebung der Verspätungsgrenze auf 5 Std. nur noch 776 Flüge stehen, was lediglich 0,09 Prozent aller Flüge entspricht.
Neben der Wahrung der 3-Stunden-Grenze, fordert Flightright zudem einen Insolvenzschutz für Passagiere, damit Reisende im Falle einer Airline-Pleite nicht auf ihren Kosten sitzen bleiben. Airlines sollten außerdem verpflichtet werden, mindestens 8 Wochen vor Abflug über Streichungen oder Änderungen zu informieren, damit Passagiere rechtzeitig Alternativen finden können. Versteckte Gebühren für Gepäck oder Sitzplatzreservierungen müssen vermieden werden, und Familien sollten ohne Zusatzkosten zusammensitzen können.
Europas Vorbildfunktion in Gefahr: Fluggastrechte dürfen nicht ausgehöhlt werden
„Die Europäische Fluggastrechteverordnung hat Millionen von Reisenden geholfen und Europa zum weltweiten Vorbild für Fluggastrechte gemacht. Eine massive Schwächung durch einen Entwurf, der 2013 vorgeschlagen wurde und heute keine Relevanz mehr haben sollte, ist nicht nur rückschrittlich, sondern vollkommen inakzeptabel. Denn Verbraucher brauchen mehr Schutz, und mehr Rechte, nicht weniger“, erklärt de Felice abschließend.
Flightright wird sich weiterhin mit Nachdruck für starke und faire Passagierrechte in Europa einsetzen. Die EU steht nun in der Verantwortung, die Rechte von Reisenden zu bewahren – und wirtschaftliche Interessen nicht zulasten von Verbraucherrechten verfolgen zu wollen.